Wenn ich mich mit Leuten über Benni unterhalte, werde ich oft gefragt, warum wir keinen Welpen zu uns geholt haben, sondern einen erwachsenen Hund, von dem das Alter nicht einmal ganz klar war. Ich verliere mich dann immer in irgendwelchen Argumentationsketten und erkläre es mit Gründen, die ich irgendwo mal im Internet gelesen habe. Ich habe mir nun mal Gedanken gemacht, wieso wir wirklich einen erwachsenen Hund adoptiert haben, ob es rückblickend eine gute Entscheidung war und ob ich es wieder machen würde.
Der vorprogrammierte Zuckerschock
Jeder findet Welpen süß – zurecht! Wie sie unbeholfen durch die Gegend tapsen und nur Flausen im Kopf haben, das ist einfach nur niedlich. Es hat eine Reihe von Vorteilen, ein Hundebaby aufzuziehen. Der größte ist meiner Meinung nach, dass man vollen Einfluss auf die Prägungsphase des Hundes hat, die elementar entscheidend für sein weiteres Leben ist. Man kann ihn in Ruhe an alle äußeren Einflüsse, die unser tägliches Leben mit sich bringt, gewöhnen. Man kann ihm von Anfang an klarmachen, was in Ordnung ist und was überhaupt nicht geht. Man kann dem Vierbeiner schon in den ersten Monaten seines Lebens zeigen, dass er auf einen zählen kann und ihm so die Chance geben, ein festes Vertrauen in seine Menschen aufzubauen. Das alles sind unschätzbare Vorteile, die das weitere Zusammenleben sicherlich erleichtern.
Warum wir uns trotzdem für einen erwachsenen Hund entschieden haben
Klar hätte ich schon alleine wegen des Zuckerschocks liebend gerne einen Welpen zu uns nach Hause geholt. Aber uns war relativ schnell klar, dass wir einem Welpen, der anfangs wirklich 24/7 Aufsicht braucht, nicht gerecht werden können. Darüber hinaus hatten weder Matti noch ich zuvor jemals einen Hund und somit auch keine Erfahrung bezüglich der richtigen Hundeerziehung. Zwar habe ich diverse Bücher zu dem Thema gewälzt und mich viel mit meinen Hundebesitzer-Freunden unterhalten – der Verantwortung, einen Welpen aufzuziehen, fühlte mich jedoch irgendwie trotzdem nicht gewachsen. Für mich kam dazu, dass ich wusste, dass gerade erwachsene Secondhand-Hunde es wahnsinnig schwerhaben, ein neues Zuhause zu finden. Sie sitzen oft jahrelang im Tierheim oder in Auffangstationen und werden für jüngere Tiere zurückgelassen. Natürlich wünsche ich auch jedem Welpen ein schönes Zuhause, die Wahrscheinlichkeit eines zu finden ist für sie nur einfach viel, viel höher, als für jedes ältere Tier.
Warum wir es nicht bereuen
Ich kann natürlich nur von meinen eigenen Erfahrungen sprechen, aber ich kenne auch einige andere Hund-Halter-Teams, bei denen es ähnlich war: Wir haben unsere Entscheidung bis heute keine Minute bereut. Benni war zwar sehr unsicher, als er bei uns ankam und ist es in vielen Situationen heute immer noch. Trotzdem hatte er von Anfang an seinen ruhigen, gefestigten Charakter, den wir sehr an ihm schätzen. Er war von der ersten Minute an stubenrein, überdreht nie und hat seine festen Strukturen, die sehr gut einschätzbar sind. Er ist für uns jeden Tag eine riesen Bereicherung und das schönste ist, dass er uns das Gefühl vermittelt, dass wir dasselbe für ihn sind. Er ist so unfassbar dankbar und hat so schnell eine tiefe, starke Bindung zu Matti und mir aufgebaut.
Das Lernen hört nie auf
Ein Punkt ist mir noch besonders wichtig zu erwähnen: Ich dachte selber früher, dass erwachsene Hunde irgendwann nicht mehr oder nur noch ganz schwer dazulernen. Ich kann nun aus eigener Erfahrung sagen: Das stimmt nicht. Als Benni nach Deutschland kam, konnte er nichts. Er zog wie blöde an der Leine, hat uns überhaupt keine Aufmerksamkeit geschenkt und wenn wir von ihm wollten, dass er Sitz, Platz oder ähnliches macht, hat er uns angeguckt als wären wir von einem anderen Planeten. Doch das hat sich so unfassbar schnell geändert und heute – nach 6 Monaten mit Benni – kann er Sitz, Platz, Bleib, kommt einigermaßen zuverlässig, wenn man ihn ruft, fährt ohne Angst und Murren Auto, hat Spaß an Agility und hat schon diverse witzige Tricks gelernt.
Was sollte man tun
Letztendlich sind das alles hier nur meine eigenen Erfahrungen. Für uns war es definitiv die richtige Entscheidung, einen erwachsenen Hund zu adoptieren. Aber wer weiß das schon, vielleicht hätte uns ein Welpe genauso glücklich gemacht? Ich glaube, am Ende sollte jeder selbst entscheiden, was er für einen Hund leisten kann und möchte und was er für Vorstellungen hat. Man muss in sich gehen und herausfinden, was einem selbst wichtig ist. Die Entscheidung wird – so oder so – am Ende die richtige sein, solange man mit dem Herzen dabei ist.
Man merkt total, dass ihr eurem Vierbeiner euer ganzes Herz geschenkt habt! Finde toll, wie man beim Lesen merkt, dass ihr Benni nicht aus egoistischen Gründen zu euch geholt habt, sondern immer ganz, ganz viel an den Hund und wie ihr ihm gerecht werden könnt, gedacht habt. 🙂 Freue mich auf mehr Geschichten entlang Bennis Reise!
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don’t breed or buy, while homeless die! ❤
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Echt toll wie Du das geschrieben hast! 😀 Es ist super, dass Ihr einem ausgewachsenen Hund eine Chance gegeben habt. Gerade bei den Hunden aus den Süden konnten ich merken, wie dankbar sie sind. Die wollen wirklich alles richtig machen.
LG Susanne
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Liebe Susanne,
vielen lieben Dank für deinen Kommentar! Die Erfahrung habe ich auch gemacht und es ist einfach wahnsinnig toll zu sehen, wie sie dazulernen und langsam aufblühen. 🙂
LG Sarah
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Ja, das ist super schön! Auch wenn man merkt, wie die Bindung immer stärker wird. Man muss ihm am Anfang Zeit geben. Ihn erst einmal richtig ankommen lassen und nicht zu viel erwarten. Der Hund muss erst seinen Kulturschock verarbeiten. Dann taut er langsam auf und versteht, dass Menschen mit ihm kommunizieren können. Du hast das alles genau richtig gemacht. Ich freue mich so für Euch! ❤
LG Susanne
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Ich finde es ganz toll und auch wichtig, dass älteren Hunden auch eine Chance gegeben wird. Wir selbst haben uns für einen laut Schätzung 13-jährigen Rumänen entschieden, und es hätte uns nicht besser treffen können. Klar, Agility oder endloses Joggen sind eher tabu, aber wer das nicht unbedingt braucht, ist mit einem älteren Hund auch glücklich. Und dass sie immer dazu lernen können und auch müssen, kann ich so nur unterschreiben. Viel Spaß und Freude auf eurer weiteren gemeinsamen Reise!
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